2. Sergiu Celibidache Film Festival

Nach dem 1.Festival im Oktober 2002 werden in diesem Jahr neben Filmdokumenten aus verschiedenen Schaffensjahren Celibidaches (jeweils um 18.30 Uhr – genaue Programmfolge im Katalog des Festivals)
auch Spielfilme gezeigt. Die Auswahl orientiert sich an Celis kinematographischen Vorlieben – drei
Ikonen des Kinos: Charlie, der Tramp; Karl Valentin, der Tragiker; Alfred Hitchcock, der Maestro.

Mehrfach hat sich Sergiu Celibidache im Gespräch zum Kino geäußert. Film in seinem höchsten Anspruch
sei keine "abfotografierte Wirklichkeit, also keine Verdoppelung oder Wiederholung der Realität". Er lebe
aus eigener künstlerischer Legitimität. Allerdings beziehesich das nicht auf melodramatische Geschichten "irgendwelcher" Menschen. Da gleiche der Film sich dann wieder dem Theater und der Literatur an.

Deshalb kritisierte er Charles Chaplin, weil er von jener "allumfassenden archetypischen und daher
einmaligen Figur des Tramps"abgekommen sei. THE GREAT DICTATOR oder MONSIEUR VERDOUX
seien letztlich Verrat an jenem Charlie, der nicht durch "individuelles Schicksal mit Leidenschaften, Schuld
und Sühne" behaftet sei, sondern ein für allemal eine Form sei jenseits vom beliebigen Individualdrama.
Einer der schönsten, ergreifendsten Filme mit dem Tramp Charlie ist CITY LIGHTS.

Celibidache beschäftigte sich auch intensiv mit den Möglichkeiten und Grenzen der Sprache und monierte
ihre Vieldeutigkeit im Gegensatz zur Einmaligkeit der Musik. So interessierte er sich für Experimente des
Dadaisten Tristan Tzara und schätzte Karl Valentin als einzigartigen Sprachskeptiker. Er hat ihn mehrfach
erlebt und war fasziniert darüber, wie seine eigentlich "tragische Dürre" beim Erscheinen auf der Bühne
unmittelbar in Komik umschlug. Valentins dadaistischer Zerstörungsauftritt IM SCHALLPLATTENLADEN
gefiel Celibidache bezeichnenderweise "absolut". Dass Film und Musik verwandt sind,was etwa die un-
wiederholbare Kontinuität oder das Erreichen eines zentralen Höhepunktes angeht, hat besonders ein-
dringlich Alfred Hitchcock in THE MAN WHO KNEW TOO MUCH gezeigt, indem er den musikalischen
Höhepunkt einer Kantate untrennbar mit dem filmischen Höhepunkt verschmilzt.Celibidaches Kommentar:
"Da hat der Hitchcock was Richtiges gewusst".

HaraldEggebrecht

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